Vom südlichen Gardasee nach Verona ist es nur ein Katzensprung – von Peschiera 15 Minuten mit der Bahn, von den Orten am Ostufer, etwa von Bardolino, mit dem Linienbus ca. eine Stunde. Mit dem Auto ist man über Autobahn und Bundesstraße bei guter Verkehrslage in 30 bis 45 Minuten vor Ort, Parken sollte man gleich am Ortseingang in einem der gekennzeichneten Parkhäuser, die Altstadt ist weitgehend verkehrsberuhigt und Parkplätze sind schwer zu ergattern. Verpassen sollte man die Provinzhauptstadt auf keinen Fall, denn der geschichtsträchtige Ort am Adige mit seinen gut 250 000 Einwohnern hat weit mehr zu bieten als Romeo und Julia und gilt nicht umsonst als eine der schönsten Städte Oberitaliens.
Verona erkundet man am besten zu Fuß. Ein Stadtplan ist kaum nötig, auf vorbildliche Weise sind die Sehenswürdigkeiten der Stadt ausgeschildert. Überhaupt ist es am schönsten, sich einfach treiben zu lassen: Beinahe jedes Haus in der historischen Altstadt lohnt den Blick nach oben, überall verbergen sich unerwartet pittoreske Innenhöfe und kleine Kirchen. Wer ein größeres Besichtigungsprogramm vorhat, ist mit der Veronacard gut bedient: Für 15 € (24h) bzw. 20 € (72 h) fährt man im Stadtgebiet mit dem Bus und kann einen Großteil der Sehenswürdigkeiten besuchen – in der Regel sogar ohne Anstehen. Erhältlich ist sie im Tourismusbüro IAT an der Piazza Bra (Via degli Alpini 9) oder an den teilnehmenden Museen und Einrichtungen. Auch einige IATs am Gardasee, zum Beispiel in Bardolino oder Malcesine, haben die Vero-nacard im Verkauf. Weitere Infos unter www.veronacard.it. Als Alternative bietet sich das Kombiticket der großen Kirchenbauten (Dom, San Zeno, San Anastasia, San Fermo) für 6 € (Einzelpreis 2,50 €) an (in den Kirchen erhältlich). Zum Einstieg in die Stadt empfiehlt sich ein Blick von der Ponte Giuseppe Garibaldi: Von dieser vergleichsweise wenig frequentierten Brücke eröffnet sich der Blick auf die Kirche St Giorgio am nördlichen Adige-Ufer mit ihrem Kuppeldach, auf das darüber liegende Castel San Pietro und den Domturm in der Altstadt. Anschließend lohnt ein Spaziergang zur Chiesa di San Giorgio am Wasser entlang: Die 1999 renovierte Kirche aus dem 16. Jahrhundert, erbaut auf dem Fundament eines früheren Klosters, empfängt den Besucher mit einem weitläufigen, recht dunklen Kirchenraum mit Lichteinfall durch die Kuppel. Künstlerische Meisterwerke von Christi de Tintoretto (über dem Hauptportal) und Liberale da Verona (am Altar) schmücken das Gotteshaus. Eine ungewöhnliche Attraktion findet sich draußen: Die Fassade des direkt an die Kirche grenzenden Hauses, teilweise auch die Marmorfassade der Kirche selbst, ist von unzähligen Einschusslöchern übersät. Sie stammen von einem Angriff napoleonischer Truppen im Jahr 1805 (Porta San Giorgio 6). Nur wenige Meter weiter trifft man auf San Stefano, eine romanische Kirche aus dem 5. Jahrhundert. Sie ist eine der ältesten veroneser Kirchen aus der Frühzeit des Christentums. Das zweigeschossige Gotteshaus weist drei Kirchenschiffe auf, Fresken von Pasquale Ottino zieren Kuppel und Altar (Vicolo Scaletta di Stefano).
Die Ponte Pietra, die Steinerne Brücke, führt den Besucher über den Adige in die Altstadt. Auf der gegenüberliegenden Seite angekommen, wird man von einer Statue des heiligen Antonius begrüßt. Sie wurde von den Einwohnern zum Dank aufgestellt, dass sie am 25. April 1945 verschont wurden, als die Brücke von deutschen Soldaten auf dem Rückzug teilweise gesprengt wurde. Insgesamt stehen rund 3000 Heiligenstatuen über die Stadt verteilt. Von hier aus rechts geht es, der Beschilderung folgend, zum Dom. Seine heutige Gestalt erhielt das beeindruckende Gotteshaus nach dem für die Stadt so verheerenden Erdbeben im Jahr 1117, bei dem große Teile des Vorgängerbaus eingestürzt sind. Die Seitenkapellen kamen im 15. und 16. Jahrhundert hinzu. Auffallend an der Kathedrale ist die runde Hauptkappelle im vorderen Teil der Kirche, die für kleine Gottesdienste verwendet wird und mit Fresken von Francesco Torbido aus dem 16. Jahrhundert geschmückt ist. Weiterhin beeindrucken die beiden Orgeln, die hoch über dem Besucher an den Seitenwänden prangen. Direkt vom Dom aus hat man in den Sommermonaten (März bis Oktober) Zugang zu den benachbarten Kirchen St Helena aus dem 9.Jahrhundert und San Giovanni in Fonte mit dem zentralen romanischen Taufbecken, die mit dem Dom eine Einheit bilden. Die Gegend rund um den Dom ist erstaunlich ruhig, hier sitzt man in kleinen Cafés oder bummelt gemütlich durch die Gassen.
Schlägt man nach der Überquerung der Ponte Pietra nicht den Weg zum Dom ein, sondern geht stattdessen nach links, führt der Weg durch die Via Ponte Pietra, eine schattige Gasse mit Bars und kleinen Geschäften, in Richtung Piazza delle Erbe, dem „Heumarkt“. Dieser weitläufige und doch so geschlossen wirkende Platz ist zweifelsohne das Herz der Stadt. Hier treffen sich Touristen aus aller Welt, trinken Aperol in einem der unzähligen Ristorante der Piazza oder kaufen Obstbecher an den Marktständen, an denen man sich außerdem mit Italien-Souvenirs eindecken kann. Die Kulisse der umgebenden Palazzi ist einzigartig: Auf der kurzen Seite des Platzes prangt der barocke Palazzo Maffai mit dem edlen gleichnamigen Restaurant (der Innenhof kann zur Besichtigung betreten werden) und dem Torre Gardello, die lange Seite wird von dem ehemaligen Wohnsitz der Familie Massanti aus dem 14. Jahrhundert mit den leicht verblassten, aber gut erkennbaren Fresken dominiert. Über einen Torbogen, an dem eine Walfischrippe baumelt, ist sie mit dem 84 m hohen Torre dei Lamberti verbunden, den man per Aufzug oder Treppen ersteigen kann – Wartezeit häufig inklusive (Eintritt 6 €).
Ein besonderes Kleinod verbirgt sich hinter dem Torre: der Innenhof des Palazzo di Mercato Vecchio, ein kleiner geschlossener Hof voller Atmosphäre, mit den Tischen eines Restaurants unter Laubengängen, ballspielenden Kindern, erschöpften Touristen und vergleichsweise viel Ruhe. Auch die öffentlichen Toiletten verstecken sich hier. Gleich daneben öffnet sich die Piazza dei Signori mit seinen wunderschönen Palazzi. Hier kann man sich mit schönstem Blick in einem der Restaurants niederlassen. In der Mitte des Platzes prangt ein Denkmal für den Schriftsteller Dante Alighieri, 1865 von Ugo Zannoni aus Carrara-Marmor errichtet.
Auf keinen Fall entgehen lassen sollte man sich die gotischen Skaligergräber gleich nebenan. Hier, mitten im Stadtzentrum, ruhen die früheren Herrscher aus der Familie Skaliger, die von 1260-1387 die Geschicke der Stadt bestimmt haben, bis sie sich gegenseitig zu Grunde gerichtet haben. Die Sarkophage stehen gut geschützt hinter einem Metallzaun, durch den man aber einen guten Blick hat. Allein schon die Pracht dieser Grabmale lässt ahnen, über welch finanzielle Mittel und welchen Einfluss die Skaliger verfügten. Die direkt an die Sarkophage angrenzende Chiesa Santa Maria Antica war einst ihre Familienkirche. Ihren Wohnsitz hatte die Herrscherfamilie ab 1356 in der prächtigen, gut erhaltenen Burg Castelvecchio am Adige inne. Heute beinhaltet Castelvecchio ein Museum, in dem auf mehreren Etagen Gemälde, Statuen und Waffen ausgestellt sind. Schon die alten herrschaftlichen Räume als Kulisse des Museums lohnen für Kunstinteressierte den Besuch (Eintritt 6 €). Direkt neben Castelvecchio führt die Skaligerbrücke über die Etsch und wirkt wie eine Festung mit ihren Zinnen aus Backsteinen. Die Skaliger ließen sie einst aus Angst erbauen, dass die Veroneser ihnen etwas antun könnten. Nur zum Zwecke der Flucht sollte sie benutzt werden. Dieser Fall ist jedoch nie eingetreten, der letzte Skaliger verließ die Stadt zwar tatsächlich fluchtartig, aber per Boot. Von den Deutschen 1945 gesprengt, erstrahlt die 133 m lange Ponte Scaligero heute wieder in alter Pracht.
Überquert man die Brücke, läuft man auf der anderen Seite des Flusses direkt auf ein kleines Café am Rande eines Spielplatzes und eines kleinen Parks zu – der ideale Platz, zu verschnaufen. Wer Trubel sucht, ist hingegen im Innenhof der Casa di Giulietta in der Via di Capello gleich hinter der Piazza dell Erbe richtig. Vor dem angeblichen Wohnhaus von Romeos Julia drängen sich tagein, tagaus die Touristen, um den berühmten Balkon zu fotografieren, die abgegriffene Brust der Julia-Statue zu berühren oder Julia gar eine Nachricht zu hinterlassen. An Leinen, wie im Film „Briefe an Julia“ werden diese Briefe jedoch nicht mehr gehängt, ein Briefkasten muss herhalten oder aber eine Kurznachricht an einer ehemals weißen Graffiti-Wand, welche die Stadt den schreibwütigen Besuchern zur Verfügung gestellt hat. Neueren Datums sind auch die unzähligen Schlösser, die an einem der Metallzäune funkeln. Eins ist klar: Mit romantischer Liebe hat dieser Innenhof wenig zu tun. Wer nicht unbedingt selbst auf jenem berühmten Balkon stehen muss, kann auf einen Besuch der Innenräume der Casa di Giulietta getrost verzichten. Zu sehen gibt es wenige nichtssagende Exponate, man darf nichts anfassen und die Informationen sind spärlich. Kein Wunder, wurde dieses Gebäude doch auch erst Anfang des 20. Jahrhunderts von der Stadt Verona gekauft, um Julia – und den Touristen – endlich eine Heimat zu geben. (Via Capelli 23, Eintritt 6 €) Ähnliches gilt für Julias Grab (Via dei Pontieri 35, hinter der Arena am Adige).
Die sich in südlicher Richtung anschließende Via Giuseppe Mazzini ist der kürzeste Weg zum größten Platz der Stadt, der römischen Piazza Bra. Nicht nur deshalb ist die Via am Tag stets überfüllt. Touristen und Einheimische gleichermaßen locken vor allem die unzähligen, meist edlen Geschäfte, welche die Straße säumen – vom Disney-Store über Schuhmode bis hin zur Handtasche für 2000 € ist alles geboten.
Auf der Piazza Bra angekommen, erhebt sich die römische Arena vor den Augen des Besuchers – ein absolutes Muss. Der Eintritt von 6 € für die Besichtigung des drittgrößten Amphitheaters Italiens ist mehr als angemessen, denn hier kann man sich stundenlang aufhalten. Kinder lieben es, in den dunklen, nur matt beleuchteten, alten Gängen herumzulaufen oder sich auf dem Logenbalkon der Festspielbesucher niederzulassen, auf denen einst die Statthalter saßen. Beeindruckend ist die Akustik: egal, wie hoch man sitzt, hört man jedes Wort, das im Innenraum gesprochen wird. Unglaublich die Vorstellung, wie dieses riesige Theater um 30 n. Chr. ohne Bagger und Kran erbaut worden ist – es ist 138 m lang und bis zu 73 m breit. Die heutige Außenwand war einst innenliegend, bevor das Erdbeben von 1117 die eigentliche Schmuckwand zum Einsturz brachte. Nur einige wenige Bogen der einstigen Pracht sind erhalten. Für die Besichtigung empfiehlt es sich, gutes Schuhwerk anzuziehen, da es mit Schühchen schwierig sein wird, die teilweise über 40 cm hohen, unebenen Stufen zu besteigen. Wer länger verweilen möchte, nimmt sich ein Sitzkissen mit, wie auch die Festspielbesucher der „billigen Plätze“ auf den Steinen. Im Anschluss an den Besuch in der Arena kann man von den Stufen des Rathauses auf der Piazza Bra den Blick über den Platz schweifen lassen. Ungewöhnlich ist die Parkanlage in der Mitte, die mit den hohen Bäumen beinahe waldartig anmutet. Der Springbrunnen mit den dreieckigen Zacken ist ein Geschenk der Partnerstadt München und bildet das „Münchener Kindl“ ab.